Die Zahl der Haartransplantationen ist in den letzten Jahren explodiert, es ist ein Milliardengeschäft geworden. während die Technologie früher nur spezialisierten Ärzten vorbehalten war, hat die Erweiterung des Marktes auch dazu geführt, dass zusätzliche Anbieter mit günstigen Angeboten um das Interesse der Patienten kämpfen.
dabei hat allerdings der Grundsatz, dass nur ordnungsgemäß ausgebildete lizenzierte und behördlich überwachte Ärzte Operationen durchführen können, in vielen Fällen an Bedeutung verloren, vor allem weil den Patienten dies nicht bekannt ist.

Über das Internet werden günstige Haartransplantationen von nicht lizenzierten Technikern angeboten, und aufgrund des günstigen Preises gerne wahrgenommen.

Neben der rechtlich nicht zulässigen Angebotsform gibt es aber auch medizinisch erhebliche Risiken, die bei diesen Anbietern bestehen. Der auf den ersten Blick günstige Preis kann durch Probleme bei der Haartransplantation schnell in das Gegenteil verkehrt werden.

Wir müssen aber hier auch deutlich trennen zwischen einem günstigen Preis, der durch niedrigere Lebenshaltungskosten entsteht, und einem Sonderangebot, was durch eine rechtswidrige Gestaltung der Operation erfolgt.

Dabei sind eine ganze Menge an gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Verbraucher, die von den illegalen Kliniken gebrochen werden:

– Werbung mit der Anwesenheit eines erfahrenen Arztes, wenn es keinen gibt
– Falsche vorher-er/nachher Fotos, entweder mit einem Bildbearbeitungsprogramm erstellt oder von einem Kollegen geklaut
– Operationen werden unter Missachtung hygienischer Grundsätze im gleichen Raum oder nur durch einen Vorhang abgetrennt durchgeführt
– das Personal, inklusive eventuell vorhandene Ärzte ist fachlich nicht qualifiziert
– der Arzt ist nur kurz oder gar nicht bei der Operation anwesend

Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, dem Laien ist es oft gar nicht klar welche Form von Problemen in einer Klinik vorliegen.

Es muss auch ausdrücklich erwähnt werden, dass auch Ärzte in diesem Bereich mithelfen, indem sie ihre durch medizinische Ethik und rechtliche Regelung vorgeschriebenen Handlungsweisen und Aufgaben verletzen. Beispielsweise indem sie die ärztlichen Aufgaben in die Hände von anderen Personen belegt, die nicht die notwendige ärztliche Ausbildung haben. Oder die Räumlichkeiten nicht die geeigneten Voraussetzungen für die Durchführung einer solchen Operation haben.

Warum wurde die Haartransplantation so populär und was trug zur Entwicklung eines Schwarzmarktes bei?

Die Beliebtheit der Haartransplantation beruht im wesentlichen auf Innovationen und Forschungsergebnissen von Ärzten im Weltverband ISHRS, die als “Follicular Unit Transplantation” bekannt wurde.

Ursprünglich war dies ein Hautstreifen, der nach der Entnahme auf der Kopfhaut von einem Team von Technikern vorsichtig aufgeteilt wurde. Die Entnahme erfolgte dabei aus Regionen mit der größten Dichte am Hinterkopf und an den Seiten des Kopfes, die von dem genetisch bedingten Haarverlust am wenigsten betroffen sind.

Dafür war es notwendig, mit dem Skalpell sicher umzugehen und die Grundzüge einer medizinischen Operation zu kennen. Die bei dieser Methode entstehende Narbe limitierte das Tragen von kurzem Haaren. Diese Technologie fand weite Verbreitung, und immer mehr Ärzte bildeten große Gruppen von Technikern aus, die sie bei der Operation unterstützen.

Einzelne Ärzte erlaubten in der Folge ihren Technikern, zumindestens das Einsetzen der Haare selbstständig vorzunehmen, auch wenn dies durch die Vornahme eines Einschnittes in die Kopfhaut eigentlich eine ärztliche Tätigkeit ist. auch wenn dies rechtswidrig war und ist, wurde damit die Grundlage für eine eigenständige Arbeit von nichtärztlichen Assistenten bzw. Technikern gelegt.

Immer noch war aber die Anwesenheit des Arztes für die Durchführung der Entnahme Und des Narbenverschlusses notwendig, was durch die Entwicklung der follicular unit excision (FUE) zumindestens technisch nicht mehr notwendig war.

Wie hat die Entwicklung der FUE (follicular unit excision) den Schwarzmarkt für Haartransplantationen gefördert?

Bereits vor mehr als zehn Jahren begann die neue Technik der FUE an Bedeutung zu gewinnen. Dabei wird nicht ein Hautstreifen entfernt, sondern mit einem Mikrostand sah von etwa 0,8-1 mm einzelne follikulären Einheiten oder Gruppen von Haaren herausgenommen. Anstelle einer großen Nabe gibt es bei dieser Technologie meistens Tausende von kleinen Wunden, in Abhängigkeit von der entnommenen Zahl der Haare.

Auch wenn es eine minimalinvasive Technik ist, so stellen die Technik des herausschneiden aus der Kopfhaut und die große betroffene Fläche typische Merkmale einer Operation dar. Auch die Notwendigkeit hier große Bereiche der Kopfhaut zu betäuben, die sorgfältige Planung von Entnahmen und Einsätzen und die sehr unterschiedlichen Haut und Haarstrukturen machen hier weiterhin ein großes Fachwissen notwendig, um diesen Eingriff sicher und mit gutem Ergebnis durchzuführen.

Die vergleichsweise einfache Durchführung dieser Prozedur ermöglichte aber, dass zunehmend auch diese ärztlichen Arbeitsschritte von Nichtärzten übernommen wurden, teilweise auch ganz ohne Aufsicht durch einen Arzt. dabei ist in der Regel völlig unklar, ob und wie dieser Techniker ausgebildet wurde, und wie seine Fähigkeiten tatsächlich aussehen. Rechtslage, aber auch Kontrolle und Überwachung durch die Behörden sind in manchen Ländern nicht in der Lage dieses Risiko für die Patientensicherheit zu unterbinden.

Warum sollten sich Patienten darüber Gedanken machen, wenn eine Operation auf dem Schwarzmarkt billiger ist ?

Die Patienten sollten sich darüber im klaren sein, was sie verlieren und riskieren. Eine Operation auf dem Schwarzmarkt ist keine einfache Rabattaktion. Die medizinische Versorgung und die medizinischen Risiken sind ganz anders als der Kauf von beispielsweise Schuhen oder einer Sonnenbrille. Diese Gegenstände sind ersetzbar, und wenn die Qualität den Mensch nicht entspricht gibt es keine langzeitig wirkende Konsequenz.
Dagegen besteht bei einer schlechten Haartransplantation das konkrete Risiko von kleineren oder größeren oder sogar lebensbedrohlichen Folgen, die für das gesamte Leben andauern können.

Natürlich kann ein Techniker ohne die teuere Ausbildung an einer ärztlichen Hochschule und dem klinischen Training günstiger anbieten. allerdings fehlen ihm dafür im Gegenzug die Kenntnisse die geeigneten Patienten auszuwählen oder ihm andere alternative medizinische Verfahren anzubieten.

Durch die meist nicht vorhandene Aufsicht durch die Behörden besteht keine Sicherheit was die handelnden Personen oder die Räumlichkeiten angeht. Themen wie die erforderliche Desinfektion und medizinischen Hygiene können unbeachtet bleiben. Oft liegen Patienten eng beieinander, sodass grundsätzliche Hygienevorschriften nicht eingehalten werden und die Gefahr von einer Kreuzkontamination besteht. Ebenso dürfte in den meisten Fällen eine ärztliche Versicherung fehlen.

Sollte etwas nicht wie geplant funktionieren fehlt bei Schwarzmarktanbietern die ärztliche Erfahrung, wie diese Probleme gelöst werden können.

Warum unternehmen die Aufsichtsbehörden nichts gegen den gefährlichen Schwarzmarkt?

Der Weltverband der Haarchirurgen ISHRS informiert regelmäßig die Aufsichtsbehörden in der ganzen Welt über die Problematik bei der Haartransplantation, ist aber nicht für die Erstellung und Überwachung der Regeln in den vielen Ländern verantwortlich.
Letztendlich ist die Kontrolle immer in Abhängigkeit von der Stärke der Beaufsichtigung durch die zuständigen Behörden abhängig.

Unabhängig davon gibt es zunehmend Klagen von Patienten gegen Ärzte und Kliniken, die Aufgaben der Haartransplantation unsachgemäß an Techniker delegiert haben. Hier ist in der Regel davon auszugehen, dass diese Prozesse vom Patienten gewonnen werden.

Woran können Patienten erkennen, dass sie von einer Schwarzmarktklinik umworben werden?

Im Internet wird viel versprochen, was erst einmal schwer zu kontrollieren ist. Wichtig ist immer die Prüfung seiner medizinischen Qualifikation bei der örtlich zuständigen Überwachungsbehörde für medizinische Berufe. Dies ist allerdings im Ausland oft ein schwieriges Unterfangen.

Weiter kann man bei der ISHRS in einer Datenbank nachschauen, ob der Arzt Mitglied bei diesem Verband ist.

Falls er nicht Mitglied ist sollten Sie Nachweise über die Ausbildung und Fortbildung verlangen. Hier eine kleine Liste von Punkten, die bei der Auswahl einer Klinik oder eines Arztes helfen sollen:

– Informieren Sie sich über die Ausbildung des Arztes, und insbesondere über seine Erfahrung im Bereich der Haarchirurgie.
– Lassen Sie sich von ihm bestätigen, dass nur er selbst oder ein anderer Arzt die medizinischen Schritte für Narkose, Einschnitte und Entnahme an ihrer Kopfhaut vornehmen kann
– der Entwurf der Haarlinie und die Konzeption der Haarbereiche sollte von dem Arzt erfolgen
– Hilfreich ist immer eine Information darüber, wie viele Operationen gleichzeitig von dem Arzt unter seiner Aufsicht durchgeführt werden. Je mehr Patienten ein Arzt pro Tag hat, desto wahrscheinlicher ist das die Operation von einem nichtärztlichen Mitglied des Instituts durchgeführt wird

Was gibt es für Risiken für Patienten, die sich in Schwarzmarktkliniken operieren lassen?

Es gibt ein großes Spektrum an Risiken, von denen im folgenden einige aufgeführt werden sollen:

Übererntung oder Mottenfrass (“Donor Area Overharvesting”): die übermäßige Ausdünnung des Spenderbereichs mit umfangreicher Narbenbildung ist ein regelmäßiges Anzeichen für Billigkliniken, die eine Transplantation von “so vielen Haaren wie möglich” zu einem Pauschalpreis anbieten.

Nekrose des Spenderbereichs: eine Überzahl von Löchern in zu geringem Abstand zueinander kann die Blutzufuhr zu der verbleibenden Haut abschneiden, was zu toter Haut führt, die ohne Haare vernarbt

Schlechtes Haarwachstum: Haare sind empfindlich, und es gibt viele Gründe die ein unzureichendes Neuwachstum auslösen können.

Nekrose des Empfängerbereichs: ähnlich wie im Spenderbereich kann hier eine Überzahl von Einschnitten die Blutzufuhr unterbinden und zu totem Gewebe im Empfangsbereich führen

Unnatürliche Ergebnisse: ein optimales Aussehen erfordert eine große Erfahrung im Design attraktive Haarlinien. Für Techniker in und außerhalb von etablierten Klinik spielt dies keine Rolle, da hier der Preis im Vordergrund steht.

Infektion: die großflächige Wunde verlangt nach ausgezeichneten hygienischen Bedingungen, werden diese nicht eingehalten kann es zu Infektionen der Haut oder sogar im gesamten Körper kommen.

Todesfall: auch wenn die Prozedur an sich ein sehr sehr geringes Risiko von Komplikationen hat, kann es beispielsweise durch die Lokalanästhesie zu kardialen Problemen und letztendlich Tod kommen. auch wenn die sehr selten ist, ist die medizinische Erfahrung in einer solchen Situation extrem hilfreich.

Es kann nur wiederholt gesagt werden, es handelt sich um eine Operation, die immer von Ärzten durchgeführt werden sollte. Wer Opfer einer Schwarzmarktklinik geworden ist mag vielleicht auf dem Rechtsweg sein Geld wieder erlangen, die verloren gegangenen Haare können derzeit nicht ersetzt werden.

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Zum Glück ist nicht jeder Patient von einer Schwarzwaldklinik von einem schlechten Ausgang betroffen. Viele wissen und sehen aber auch nicht, dass ihr Ergebnis nicht den medizinischen Stand entspricht oder – viel schlimmer – das durch eine einzige Operation die gesamten Reserven für den Rest des Lebens verbraucht wurden. nutzen Sie Foren, soziale Medien oder wenden Sie sich an den Weltverband ISHRS um ihre Erfahrungen mit der unlizenzierten Ausübung der Haarchirurgie anderen mitzuteilen.

Für weitere Informationen über die ISHRS-Kampagne zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit besuchen Sie bitte https://fightthefight.ishrs.org/